Die Geschichte des Arbeitsschutzes in Deutschland - CALIMA

Die Geschichte des Arbeitsschutzes in Deutschland - CALIMA

Der Begriff Arbeitsschutz ist seit Beginn der Coronapandemie vermehrt in den Fokus gerückt und deshalb zurzeit in aller Munde. Doch viele sind sich nicht darüber im Klaren, was man darunter versteht und wie sich der Arbeitsschutz über die Jahre entwickelt hat. Wir klären in diesem Artikel auf.

Definition von Arbeitsschutz

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales definiert Arbeitsschutz als die „Schaffung und den Erhalt sicherer und menschengerechter Arbeitsbedingungen“. Diese Definition ist sehr allgemein gehalten und kann um viele weitere Faktoren erweitert werden.

Als Arbeitsschutz können in diesem Sinne sämtliche Maßnahmen zum Schutz von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen vor arbeitsbedingten Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen definiert werden. In der Konsequenz ist das oberste Ziel der Erhalt der Sicherheit und Gesundheit während der Arbeitszeit.

Wer gilt als Beschäftigter?

Laut Arbeitsschutzgesetz gelten als Beschäftigte „alle Personen, die durch eine andere (natürliche oder juristische) Person im Rahmen einer Organisation tatsächlich in Anspruch genommen werden.“

Wer zählt also dazu?

  • Arbeitnehmer:innen
  • Verbeamtete
  • Auszubildende
  • Praktikanten und Praktikantinnen
  • Volontäre
  • Schüler:innen
  • Studenten und Studentinnen
  • FSJler
  • Ehrenamtliche Mitarbeiter:innen
  • Soldaten
  • Richter:innen
  • Kirchenbedienstete
  • Strafgefangene

Was ist die Geschichte des Arbeitsschutzes?

Die Geschichte des Arbeitsschutzes ist länger, als so mancher vermuten würde. Genau genommen beginnt sie bereits im Jahr 1883, als Otto von Bismarck im Deutschen Kaiserreich die erste Krankenversicherung ins Leben rief.

1883

Am 15. Juni 1883 wurde im Reichstag das Gesetz zur Krankenversicherung der Arbeitgeber verabschiedet. Darin enthalten waren Leistungen, die bis heute einen wichtigen Grundpfeiler des Arbeitsschutzes darstellen, wie beispielsweise das Krankengeld, das Sterbegeld oder der Anspruch auf eine ärztliche Behandlung im Krankenhaus.

1884

Als weiteren Pfeiler der Sozialversicherung wurde am 06. Juli 1884 das Unfallversicherungsgesetz verabschiedet. Dieses enthielt Maßnahmen wie beispielsweise die Unfallrente, die Arbeitnehmer im Falle eines Unfalles erhielten. Es waren die neu entstandenen Berufsgenossenschaften, die das Gesetz trugen.

1890

Die erste internationale Arbeitsschutzkonferenz findet in Berlin statt. Teilnehmer aus insgesamt 14 Staaten nehmen an der Veranstaltung teil.

1891

Es erfolgt ein starker Ausbau des Arbeitsschutzes. Zu den getroffenen Maßnahmen zählten unter anderem:

  • Abschaffung der Sonntagsarbeit
  • Verbot der Arbeit in Fabriken von Kindern unter 13 Jahren
  • Jugendliche unter 16 dürfen nicht länger als 10 Stunden arbeiten
  • Frauen dürfen nicht länger als 11 Stunden arbeiten
  • Abschaffung der Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche unter 16

1914

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges gingen viele der Errungenschaften des Arbeitsschutzes verloren. Um eine schnelle und effiziente Militarisierung der Industrie zu erreichen, wurden die Arbeitsschutzregelungen für Frauen und Jugendliche sowie die Abschaffung der Sonntagsarbeit widerrufen. Gleichzeitig wurden Arbeitsschichten von 12 Stunden wieder eingeführt.

1918

Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden die widerrufenen Arbeitsschutzgesetze wieder eingeführt. Gleichzeitig wurden die ersten Sicherheitsbeauftragten, die sogenannten Unfallvertrauensmänner und Sicherheitsingenieure, in den Unternehmen eingeführt. Diese hatten die Aufgabe, mögliche Unfälle von Arbeitnehmern zu verhindern. Des Weiteren wurde der bis heute gültige 8-Stunden-Tag, nach langem Kampf der Gewerkschaften, eingeführt.

1925

Berufskrankheiten und Wegunfälle werden als Arbeitsunfälle eingestuft und gelten somit als Versicherungsfall für die Unfallversicherungsträger:innen.

1939-1945

Wie bereits während des Ersten Weltkrieges wurden die meisten Arbeitsschutzmaßnahmen aufgehoben. Nach Ende des Krieges war zunächst der Wiederaufbau von Bedeutung – der Preis hierfür war eine immense Anzahl an Arbeitsunfällen in den Jahren nach dem Krieg.

1963

Dank des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz werden Rechte und Pflichten der Berufsgenossenschaften neu geregelt. Sie wurden nun offiziell dazu verpflichtet, Arbeitsunfälle zu verhindern und bei auftretenden Unfällen die Betroffenen (oder im Zweifelsfall deren Hinterbliebenen) durch verschiedene Maßnahmen wie beispielsweise Rehabilitation oder Witwenrenten zu unterstützen. Seitdem sind alle Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitenden auch verpflichtet, einen Sicherheitsbeauftragten einzustellen.

1968

Das Gerätesicherheitsgesetz tritt in Kraft. Dieses überträgt die Verantwortung für die Sicherheit von Arbeitsmitteln, Maschinen sowie Werkzeugen einzig und allein auf die Hersteller besagter Produkte. Im Falle eines Defekts haften diese nun. Dadurch wurde sichergestellt, dass nur noch sichere Maschinen auf den Markt gebracht werden.

1974

Unternehmen waren nun verpflichtet, Betriebsärzte bzw. -ärztinnen bereitzustellen.

1985

Diverse Arbeitsschutzgesetze werden nun nicht mehr national, sondern auf europäischer Ebene geregelt.

1996

Das Arbeitsschutzgesetz tritt in Kraft und verpflichtet Unternehmen dazu, ihre Mitarbeiter:innen vor Chemikalien, Krankheitserregern, Gefahrstoffen, Lärm, schweren Maschinen und technischen Arbeitsmitteln zu schützen.

2013

Psychische Belastungen werden im Arbeitsschutzgesetz verankert.

Arbeitsschutz nicht als selbstverständlich ansehen

Wie wir sehen können, hat der Arbeitsschutz eine lange und bewegte Geschichte hinter sich. Fortschritte und Rückschritte wechselten sich hierbei des Öfteren ab. Insbesondere in der Zeit der beiden Weltkriege wurde der Arbeitsschutz einer höheren Produktivität geopfert.

Diese Beispiele zeigen auf, dass Arbeitsschutzmaßnahmen auch heute nicht als selbstverständlich angesehen werden können und immer wieder aufs Neue eingefordert werden müssen.

Fabian ZellerMichael ZerbinKatharina Hochmuth

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