Was sollten Mitarbeitende bei Gewalt am Arbeitsplatz tun?

Was sollten Mitarbeitende bei Gewalt am Arbeitsplatz tun?

Gewalt im Arbeitsalltag ist leider keine Seltenheit. In einigen Berufsgruppen sind Mitarbeiter:innen einem erhöhten Risiko ausgesetzt, Opfer von Gewalt am Arbeitsplatz zu werden. Besonders häufig werden Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit Gewalt von Angestellten im Einzelhandel oder von Pflegerinnen und Pflegern gemeldet. Doch auch Personen im öffentlichen Dienst, Gastronomie- und Servicebereich werden häufig mit Gewalt am Arbeitsplatz konfrontiert. Gewalterfahrungen und Extremereignisse wie Raubüberfälle können die Betroffenen seelisch schwer belasten und ziehen auch Konsequenzen für das Unternehmen nach sich.

Wie das Informationsportal für Arbeitgeber berichtet, haben Gewaltunfälle am Arbeitsplatz in den vergangenen zehn Jahren um etwa 50 Prozent zugenommen. Während im Jahr 2010 etwa 8.800 Gewaltunfälle registriert wurden, waren es 2019 bereits 13.200. Es ist daher sehr wichtig, dass alle Beschäftigten die richtigen Verhaltensweisen während und nach Gewalthandlungen kennen und mithilfe der richtigen Maßnahmen auf den Ernstfall vorbereitet sind. Mit Tipps zeigen wir, wie sich Mitarbeiter:innen bei Gewaltandrohung am besten verhalten, um sicher und unbeschadet aus Konfliktsituationen zu entkommen. Auch Unternehmen finden wertvolle Tipps, wie sie die Sicherheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter:innen verbessern können.


1. Tolerieren Sie keine Form von Gewalt

Wenn Sie Opfer oder Zeuge von Gewalterlebnissen werden, sollten Sie diese unbedingt ernst nehmen und niemals verharmlosen oder übersehen. Zeigen Sie Grenzen auf und signalisieren Sie, dass das Verhalten von Personen, die jemanden beleidigen, bedrohen, angreifen oder verletzen, keinesfalls zu akzeptieren ist. Melden Sie daher Übergriffe jeglicher Art Ihren Vorgesetzten und setzen Sie in bedrohlichen Situationen den Notruf ohne Scheu ab. Indem Sie alle Formen von Übergriffen konsequent ablehnen und melden, können Sie dazu beitragen, die Sicherheit an Ihrem Arbeitsplatz zu erhöhen. Außerdem ist es für die Betroffenen von Gewaltunfällen sehr wichtig, schnellstmöglich behandelt zu werden, um schwere traumatische Folgen der Gewalt zu verhindern.


2. Bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie selbstbewusst

Auch in der extremen Stresssituation einer Gewaltandrohung sollten Sie die Ruhe bewahren. Behandeln Sie die gewaltandrohende Person höflich und hören Sie dieser aufmerksam zu. Achten Sie darauf, im Ton und Verhalten möglichst ruhig und entspannt zu wirken. Suchen Sie mit deutlicher und lauter Stimme das Gespräch und versuchen Sie den Angreifer zu beruhigen. 

Verzichten Sie daher unbedingt auf Beleidigungen, Drohungen oder Fragen, die ihn/sie in eine Falle locken sollen. Erschrecken Sie ihn/sie nicht durch hastige, unerwartete Bewegungen und weisen Sie die gewaltandrohende Person auf veränderte Umstände hin, etwa wenn ein:e Kollege bzw. Kollegin im Nebenraum erscheint.

Auch wenn Sie das Opfer eines Angriffs oder Überfalls werden, müssen Sie nicht in eine Opferrolle schlüpfen. Flehen und Unterwürfigkeit können den oder die Angreifer:in ebenso provozieren wie Drohungen, Beleidigungen oder Berührungen. Dafür können Sie durch ein ruhiges, aber selbstbewusstes Auftreten dazu beitragen, dass die Situation nicht eskaliert. 

3. Bringen Sie sich nicht unnötig in Gefahr

Ihre eigene Sicherheit und die der anderen Mitarbeiter:innen steht absolut im Vordergrund. Deshalb sollten Sie niemals den Helden spielen und keinesfalls Waffen oder ähnliches benutzen, den bzw. die Angreifer:in verfolgen oder den Fluchtweg versperren. Befolgen Sie stattdessen seine/ihre Anweisungen ohne Widerstand. Halten Sie außerdem einen Sicherheitsabstand von mindestens einem Meter zum Angreifer bzw. der Angreiferin ein und vermeiden sie Berührungen oder körperliche Konfrontation. Das Ziel ist es, unbeschadet aus der Situation zu entkommen und nicht die Auseinandersetzung zu gewinnen. Sollte sich also eine sichere Fluchtmöglichkeit ergeben, sollten Sie diese unbedingt nutzen!

4. Machen Sie Zeuginnen und Zeugen auf ihre Situation aufmerksam 

Zeigen Sie Außenstehenden, dass Sie sich in einer Notlage befinden und dass es sich nicht nur um eine kleine Streitigkeit handelt. Weil Passanten und Passantinnen oder die Kollegschaft Konfliktsituationen oft nicht richtig einschätzen können und eher davor zurückschrecken sich einzumischen, sollten Sie möglichst eindeutig signalisieren, dass Sie Hilfe brauchen. Indem Sie den oder die Angreifer:in siezen und nicht duzen. Zeigen Sie, dass Sie die Person nicht kennen. Sprechen Sie einzelne Zeuginnen oder Zeugen direkt an. Mit konkreten Aufrufen wie “Sie mit dem Hut. Helfen Sie mir.” oder “Sie mit der roten Jacke. Rufen Sie die Polizei!” fühlen sich Außenstehende direkt angesprochen und werden handeln.

5. Prägen Sie sich die Merkmale der gewaltandrohenden Person ein

Um hinterher den Überfall aufklären zu können, ist Ihre Beschreibung des Vorgangs sehr wichtig. Prägen Sie sich die äußeren Merkmale des Angreifers bzw. der Angreiferin ein und versuchen Sie, auch eventuelle Mittäter:innen zu erkennen und sich ihre Erscheinung zu merken. Wenn der oder die Angreifer:in mit einem Fahrzeug flüchtet, achten Sie auf die Farbe, den Fahrzeugtyp und das Kennzeichen.

6. Setzen Sie einen Notruf ab und verwischen Sie keine Spuren

Wenn der oder die Angreifer:in den Betrieb verlassen hat und auch im Umfeld keinen Ihrer Kollegen bzw. Kolleginnen mehr bedroht, sollten Sie sich nun umgehend um Verletzte kümmern und Erste Hilfe leisten. Kontaktieren Sie einen Arzt bzw. Ärztin oder rufen Sie einen Krankenwagen. Melden Sie das Ereignis schnellstmöglich der Polizei und Ihren Vorgesetzten.

Sind alle Opfer versorgt, müssen Sie den Vorgang dokumentieren. Füllen Sie ein Fahndungsblatt mit allen Merkmalen des Angreifers bzw. der Angreiferin und der Mittäter:innen aus. Fordern Sie alle Anwesenden auf, den Tatraum zu verlassen, um möglichst wenige Spuren zu verwischen. Warten Sie gemeinsam mit den Zeugen und Zeuginnen auf das Eintreffen der Polizei und notieren Sie sich Name, Anschrift und Telefonnummer der Zeugen bzw. Zeuginnen. Sie sollten auch ein Gedächtnisprotokoll anfertigen, um den Ablauf des Raubüberfalls nicht zu vergessen oder zu verwechseln.

Was kann das Unternehmen tun?

1. Erstellen Sie eine Gefährdungsbeurteilung

Da Gewalt im Arbeitsalltag nicht selten ist und Ihre Beschäftigten psychisch schwer belasten kann, sollte sie ein fester Bestandteil Ihrer Gefährdungsbeurteilung sein. Erstellen Sie einen Maßnahmenplan und legen Sie personelle Verantwortlichkeiten für Gefahrensituationen und Notfälle fest. Erkennen Sie die Risikofaktoren in Ihrem Betrieb und leiten Sie geeignete vorbeugende Maßnahmen ab. Stellen Sie sicher, dass Ihren Mitarbeitenden in Gewalt- und Extremsituationen schnellstmöglich geholfen wird, um die Gesundheit, Sicherheit und das Wohlbefinden Ihrer Mitarbeiter:innen zu schützen. 

Im regelmäßigen Gespräch mit Ihren Beschäftigten sollten Sie die mögliche Gewalt thematisieren und sie über die vorbeugenden Maßnahmen umfassend informieren. Es ist wichtig, dass Ihre Mitarbeiter:innen auf Konfliktsituationen und Grenzüberschreitungen vorbereitet sind, um die Sicherheit in Ihrem Unternehmen zu gewährleisten. Signalisieren Sie, dass Gewalt in Ihrem Unternehmen keinesfalls toleriert wird und ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter:innen, Gewalterlebnisse jeglicher Art sofort zu melden. 

2. Schützen Sie Ihre Beschäftigten mit CALIMA

CALIMA bietet den optimalen Schutz Ihrer Beschäftigten und verwandelt ihr Smartphone in ein Personen-Notsignal-Gerät, das manuelle und automatische Wege zur Notrufauslösung bietet. In Ernstfällen wie einer Gewaltandrohung können Mitarbeiter:innen schnell Hilfe anfordern und relevante Daten inklusive Standort an den Schutzbeauftragten übermitteln. Mehr Informationen zu CALIMA finden sie hier.

3. Stehen Sie Betroffenen bei

Im Notfall sollten Sie keine Zeit verlieren! Melden Sie die Gewaltandrohung oder -tat umgehend. Je schneller die Opfer betreut werden, desto besser lässt sich eine seelische Verletzung behandeln.

Nach einem Gewaltunfall sollten Sie sich unbedingt Zeit für die Betroffenen nehmen. Geben Sie dem Opfer an einem ruhigen Ort Sicherheit und hören Sie ihm zu. Signalisieren Sie, dass die schlimme Situation nun vorbei ist. Sie sollten den Betroffenen auch empfehlen, Hilfe bei Fachleuten zu suchen, ohne dabei Druck aufzubauen. Sie können auch Angehörige oder andere Vertrauenspersonen kontaktieren, denen sich das Opfer anvertrauen kann. Auf dem Weg zur Arztklinik oder nach Hause sollten Betroffene begleitet werden, um eine Gefährdung im Straßenverkehr auszuschließen.

Fabian ZellerMichael ZerbinKatharina Hochmuth

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