Was ist ein Einzelarbeitsplatz?

Was ist ein Einzelarbeitsplatz?

An einem Einzelarbeitsplatz werden berufliche Tätigkeiten von einer einzelnen Person alleine, also außerhalb der Sicht- und Rufweite zu anderen Personen ausgeführt.

Dies gilt sowohl für dauerhafte Alleinarbeit als auch für kurzzeitige Aufgaben, bei denen Mitarbeiter:innen ohne unmittelbare Kommunikation oder Sichtverbindung zu anderen arbeiten.

Einzelarbeitsplätze sind grundsätzlich nicht verboten. Die größte Herausforderung an solchen Arbeitsplätzen ist jedoch die Sicherstellung der Ersten Hilfe bei Unfällen oder akuten Gesundheitsproblemen.

Dieses Problem ist umso kritischer, je höher das Gefährdungspotenzial ist, unabhängig davon, ob es durch die Tätigkeit selbst oder durch die Arbeitsumgebung verursacht wird. Daher ist es notwendig, im Vorfeld eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.


In welchen Branchen sind Einzelarbeitsplätze anzutreffen? 

Energie- und Versorgungsunternehmen

In der Versorgungsindustrie, insbesondere bei Aufgaben wie der Instandhaltung der Netzinfrastruktur, wird überwiegend an Einzelarbeitsplätzen gearbeitet. Trotz des Einsatzes moderner Schutzausrüstungen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit besteht nach Angaben der Berufsgenossenschaften nach wie vor die Gefahr schwerer Unfälle für die allein arbeitende Person.

Energiebranche Wartung Solaranlage
Insbesondere bei Wartungsarbeiten in der Energiebranche tritt Alleinarbeit häufig auf.

Logistikbranche

In der Logistik arbeiten Beschäftigte häufig in Situationen, in denen sie sich außerhalb der Sicht- und Rufweite anderer Personen befinden. Durch den Einsatz von Maschinen wie Gabelstaplern, Hubwagen, Förderbändern und anderen Geräten sind sie potenziellen Gefahren ausgesetzt.

Mitarbeiter Logistik
In weitläufigen Lagerhallen oder wechselnden Arbeitsorten sind die Mitarbeiter:innen in der Logistik oft alleine tätig.

Produktion

Während der Nachtschicht oder an Wochenenden arbeiten Mitarbeiter:innen in der Produktion oft allein. Obwohl sie über moderne Sicherheitsausrüstungen verfügen und geschult sind, besteht in bestimmten Bereichen die Gefahr schwerer Unfälle beim Umgang mit Maschinen. Besondere Gefahr geht hier oft von ungeschützt oder unkontrolliert bewegten Teilen aus.

Mitarbeiter Produktion
In der Produktion arbeiten die Mitarbeitenden besonders außerhalb der Geschäftszeiten alleine.

Soziale Einrichtungen

Angestellte in sozialen Einrichtungen arbeiten oft an Einzelarbeitsplätzen und können aufgrund des Umgangs mit Patient:innen oder Klient:innen gelegentlich potenziellen Risiken wie Bedrohungen und Gewalt ausgesetzt sein. Aufgrund des Kostendrucks und des Fachkräftemangels lässt sich Alleinarbeit in vielen Fällen nicht vermeiden.

Pflegekraft mit Patient
In sozialen Einrichtungen arbeiten die Mitarbeitenden aufgrund von Fachkräftemangel häufig alleine.

In welchen Berufen gibt es oft Einzelarbeitsplätze?

Handwerker:in: Handwerker:innen arbeiten in verschiedenen Bereichen allein. Kleinere Aufträge und Reparaturen werden häufig allein ausgeführt. Da aufgrund der vielfältigen Kundenwünsche oft an mehreren Orten gleichzeitig gearbeitet werden muss, sind Einzelarbeitsplätze im Handwerk keine Seltenheit. Viele Handwerker sind auch selbstständig und arbeiten daher häufig allein.

Hausmeister:in: Hausmeister:innen führen häufig kleinere Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten allein durch. Gründe dafür sind sowohl die Notwendigkeit, schnell auf unerwartete Probleme reagieren zu können, als auch Kosteneinsparungen.

Landwirt:in: Landwirte bzw. Landwirtinnen arbeiten bei ihren täglichen Aufgaben wie der Versorgung der Nutztiere, der Durchführung von Reparaturen oder Wartungsarbeiten oft nicht in Sicht- bzw. Rufweite zu anderen Personen.

Da Landwirte bzw. Landwirtinnen zu dem häufig als selbstständige Unternehmer:innen arbeiten und ihre Betriebe eigenständig bewirtschaften, ist Alleinarbeit für sie kaum zu vermeiden. Einige landwirtschaftliche Betriebe befinden sich außerdem in abgelegenen Gebieten, in denen Arbeitskräfte nur in begrenztem Umfang zur Verfügung stehen.

LKW-Fahrer:in: Lkw-Fahrer:innen arbeiten in verschiedenen Situationen allein. Besonders bei Langstreckenfahrten, Nacht- und Wochenendarbeit, Auslieferungsfahrten und Fahrten in entlegene Gebiete ist die Alleinarbeit für die LKW-Fahrer:innen gefährlich, da im Notfall niemand in der Nähe ist, der schnell Erste Hilfe leisten kann.

Mitarbeiter:innen im mobilen Pflegedienst: In der häuslichen Krankenpflege ist häufig eine individuelle Betreuung und Pflege der Patientinnen und Patienten erforderlich.

Mobile Pflegedienste haben in der Regel mehrere Patient:innen an verschiedenen Standorten. Um diese effizient erreichen und betreuen zu können, arbeiten die Pfleger:innen allein, um sich flexibel zwischen den verschiedenen Standorten bewegen zu können.

Manche Patienten bzw. Patientinnen benötigen auch eine ruhige und ungestörte Umgebung, um sich optimal erholen zu können, weshalb Alleinarbeit im Pflegedienst zum Arbeitsalltag gehört.


Welche gesetzlichen Vorschriften gelten an einem Einzelarbeitsplatz?

Sowohl staatliche Vorschriften als auch das Regelwerk der Unfallversicherungsträger regulieren die Alleinarbeit. So sieht  § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) vor, dass mögliche Gefahren an Einzelarbeitsplätzen immer im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber ermittelt und bewertet werden müssen. Auf Grund der Beurteilung sind geeignete Schutzmaßnahmen vorzusehen und nach § 6 Arbeitsschutzgesetz zu dokumentieren.

Der Begriff "Gefährliche Arbeiten" ist in der DGUV-V 1 verankert: Die DGUV-R 100-001 definiert gefährliche Arbeiten als solche, bei denen durch das Arbeitsverfahren, die Art der Tätigkeit, die verwendeten Stoffe oder die Umgebung eine erhöhte Gefährdung besteht.

Wenn eine allein arbeitende Person gefährliche Arbeiten ausführt, so hat der Unternehmer nach § 8 Absatz 2 der DGUV-Vorschrift 1 zusätzlich zu den allgemeinen Schutzmaßnahmen geeignete technische oder organisatorische Personenschutzmaßnahmen zu treffen.

Die DGUV-Regel 112-139 sieht vor, dass Alleinarbeit unzulässig ist, wenn gemäß der Beurteilung eine besondere Gefährdungssituation vorliegt und die Wahrscheinlichkeit eines Notfalls als erhöht eingeschätzt wird. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn bereits unter normalen Arbeitsbedingungen Notfälle auftreten oder wenn sich in vergleichbaren Arbeitssituationen wiederholt Notfälle ereignet haben.

Als Gefährliche Arbeiten gelten gemäß der § 8 DGUV-Vorschrift 1 beispielsweise Tätigkeiten mit Absturzgefahr, wie Arbeiten auf erhöhten Plattformen oder Gerüsten. Ebenso gehören Tätigkeiten in engen, geschlossenen Räumen sowie Silos oder Tanks dazu, bei denen die Gefahr von Sauerstoffmangel oder schädlichen Gasen besteht.

Arbeit mit Absturzgefahr auf der Baustelle
Gemäß der DGUV Vorschrift 1 gelten Arbeiten mit Absturzgefahr zu gefährlichen Arbeiten.

Schweißen in begrenzten und schlecht belüfteten Bereichen stellt ebenfalls eine gefährliche Arbeit dar, da dabei das Risiko von gefährlichen Dämpfen und Bränden besteht. Auch das Arbeiten in brand- oder explosionsgefährdeten Bereichen oder an geschlossenen Hohlkörpern gilt als gefährliche Arbeit im Sinne der Vorschrift.

Des Weiteren sind Arbeiten wie Gasdruckproben und Dichtigkeitsprüfungen an Behältern riskant, da dabei unter Druck stehende Systeme manipuliert werden. Die Erprobung von technischen Großanlagen, wie Kesselanlagen, erfordert ebenfalls besondere Sicherheitsmaßnahmen aufgrund der potenziellen Gefahren, die mit diesen Anlagen verbunden sind. Auch Sprengarbeiten zählen zu den gefährlichen Arbeiten, bei denen eine sorgfältige Planung und Durchführung erforderlich ist, um Unfälle zu vermeiden.


Welche Sicherheitsmaßnahmen gibt es an einem Einzelarbeitsplatz?

"Wird eine gefährliche Arbeit von einer Person allein ausgeführt, so hat der Unternehmer über die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen hinaus für geeignete technische oder organisatorische Personenschutzmaßnahmen zu sorgen.“ (§ 8 Abs. 2 DGUV-Vorschrift 1).

Die Auswahl dieser Maßnahmen richtet sich dabei immer nach der Art der Alleinarbeit sowie dem Grad der Gefährdung.

Grundsätzlich richtet sich der Arbeitgeber dabei nach dem so genannten TOP-Prinzip. Dieses legt eine Maßnahmenhierarchie fest, nach der zunächst technische Maßnahmen Vorrang haben. Danach folgen organisatorische Maßnahmen und zuletzt persönliche Schutzmaßnahmen zur Absicherung der Alleinarbeit.

Technische Schutzmaßnahmen: Technische Maßnahmen zielen darauf ab, Gefahren an der Quelle zu beseitigen oder das Risiko von Unfällen und Gesundheitsschäden zu verringern. Beispiele für mögliche technische Maßnahmen bei Alleinarbeit sind zum Beispiel Personen-Notsignal-Anlagen, Schutzabdeckungen an Maschinen, Gaswarngeräte oder Sprechfunkgeräte.

Organisatorische Schutzmaßnahmen: Diese Maßnahmen beziehen sich auf die Schaffung eines strukturierten und systematischen Handlungssystems zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Sie ergänzen die technischen Maßnahmen und zielen darauf ab, die verbleibenden Gefährdungen so weit wie möglich zu minimieren, z. B. durch Kontrollgänge einer zweiten Person, zeitlich abgestimmte Telefon-/Funkmeldesysteme oder ständige Kameraüberwachung.

Persönliche Schutzmaßnahmen: Persönliche Schutzmaßnahmen sind ergänzende Maßnahmen, die in Betracht gezogen werden, wenn technische und organisatorische Maßnahmen nicht ausreichen, um die auftretenden Gefährdungen zu minimieren. Sie umfassen Schulungen und Weiterbildungen der betroffenen Personen und die Verwendung persönlicher Schutzausrüstungen (PSA), wie z. B. Helmen, Schutzbrillen, Gehörschutz oder Atemschutzgeräten.

Sonderregelung: In feuer- und explosionsgefährdeten Bereichen gilt das sogenannte STOP-Prinzip. Das „S“ steht für Substitution und steht in der Hierarchie an erster Stelle. Das bedeutet, dass geprüft werden muss, ob gefährliche Stoffe durch weniger kritische Stoffe ersetzt werden können. Das STOP-Prinzip ist also eine Erweiterung des TOP-Prinzips.

Arbeiter in explosionsgefährdetem Bereich
In explosionsgefährdeten Bereichen müssen gefährliche Stoffe zunächst durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden.

Welche Rolle spielt die Gefährdungsbeurteilung an einem Einzelarbeitsplatz und wie erfolgt sie?

Grundsätzlich ist Alleinarbeit in vielen Fällen zulässig, erfordert jedoch besondere Sicherheitsmaßnahmen, die von der Art der Gefährdungen am Arbeitsplatz abhängen und im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden müssen.

Die Gefährdungsbeurteilung umfasst eine gründliche Analyse der Arbeitsumgebung sowie der Arbeitsbedingungen. Dabei wird für jede ermittelte Gefährdung ein Risikowert (R-Wert) bestimmt. Dieser basiert auf der Einstufung der Arbeitsprozesse in Gefährdungsstufen (GZ), der Notfallwahrscheinlichkeit (NW) und der Zeit bis zur Erstversorgung betroffener Personen am Unfallort (EW).

Die Risikobewertung erfolgt nach der Formel R = (Gefährdungsziffer + Erstversorgungsziffer) x Notfallwahrscheinlichkeit. Ein R-Wert über 30 zeigt an, dass der Arbeitsplatz ein nicht akzeptables Risiko aufweist und Alleinarbeit ohne zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen nicht stattfinden darf.

Bei geringem Gefährdungspotential können Kontrollgänge oder eine Telefonverbindung zur Absicherung der Alleinarbeit eingesetzt werden. Bei höherem Gefährdungspotential sollten die Alleinarbeiter:innen Personen-Notsignal-Anlagen nutzen, die sowohl manuell (willensabhängig) als auch automatisch (willensunabhängig) einen Alarm auslösen.

Besonders gefährliche Arbeiten erfordern eine ständige Videokontrolle oder die Unterstützung durch andere Personen im Unternehmen. Alleinarbeit ist z. B. bei Arbeiten mit Absturzgefahr nicht zulässig, da diese als gefährliche Arbeiten gelten, die nicht von einer Person allein ausgeführt werden dürfen.

Die Auswahl der Sicherheitsmaßnahmen sollte dabei stets auf der individuellen Gefährdungsbeurteilung basieren, um die Sicherheit der Alleinarbeiter:innen zu gewährleisten.

Fabian ZellerMichael ZerbinKatharina Hochmuth

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