Was passiert wenn gegen Arbeitsschutzvorschriften verstoßen wird?

Was passiert wenn gegen Arbeitsschutzvorschriften verstoßen wird?

Sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmer:innen stehen in der Verantwortung, die Sicherheit und das Wohlergehen am Arbeitsplatz zu gewährleisten.

Trotz klar definierter Arbeitsschutzvorschriften und rechtlicher Verpflichtungen kommt es leider häufig vor, dass präventive Schutzmaßnahmen nicht in vollem Umfang umgesetzt werden.

Dies führt zu einer Situation, die sowohl die individuelle Sicherheit der Mitarbeitenden gefährdet, als auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

In diesem Artikel erklären wir Ihnen, wie gegen Arbeitsschutzvorschriften verstoßen wird und welche Konsequenzen dieses Verhalten zur Folge hat.

Das Wichtigste in Kürze

✓ Unternehmen und Arbeitnehmer teilen die Verantwortung für die Sicherheit am Arbeitsplatz, wobei der Arbeitgeber gemäß § 1 ArbSchG die Hauptverantwortung trägt, Gefahren zu vermeiden und Schutzmaßnahmen umzusetzen.

✓ Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften können in verschiedenen Bereichen auftreten, wie Betriebssicherheit, Bildschirmarbeit, arbeitsmedizinische Vorsorge und Lärmschutz.

✓ Arbeitnehmer sind gemäß § 15 ArbSchG dazu verpflichtet, an der Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen mitzuwirken und Gefahren zu melden.

Wann wird von einem Verstoß gegen den Arbeitsschutz gesprochen?

Verstöße gegen den Arbeitsschutz sind so vielfältig wie die Schutzmaßnahmen selbst. Das heißt sie können sich in vielen verschiedenen Bereichen ereignen: in der Betriebssicherheit, der Bildschirmarbeit, der arbeitsmedizinischen Vorsorge, der Arbeitsstätte, im Bereich Lärm und Vibration oder auch im Mutterschutz.

Verstöße von Seiten des Arbeitgebers

Gemäß § 1 Abs. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, Gefahren für Gesundheit und Leben im Betrieb abzuwenden.

Ebenso muss das Unternehmen laut § 3 ArbSchG auf eigene Kosten eine geeignete Organisation im Betrieb aufbauen und angemessene Vorkehrungen treffen, damit die Maßnahmen zum Arbeitsschutz von allen Mitarbeitenden eingehalten werden können. Werden Schutzmaßnahmen nicht richtig oder nicht ausreichend implementiert, gilt dies bereits als Verstoß.

Die definierten Schutzmaßnahmen werden dann in einer Betriebsanweisung festgehalten.

Sowohl eine entsprechende Planung und Einrichtung der Arbeit und der Arbeitsplätze, als auch die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsrisiken und Unfällen zählen zu den Pflichten eines jeden Unternehmens.

Arbeitgebende, die diese Pflichten vorsätzlich oder unbewusst ignorieren, verstoßen gegen den Arbeitsschutz und machen sich damit strafbar.

Verstöße von Seiten der Arbeitnehmer:innen

Die vorrangige Verantwortung für den Arbeitsschutz im Betrieb trägt der Arbeitgeber. Doch auch Arbeitnehmer:innen können gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen.

Laut §15 ArbSchG sind Mitarbeitende dafür verantwortlich, für ihre eigene Sicherheit und die ihrer Mitarbeiter:innen zu sorgen. Mehr zu den Verantwortlichkeiten im Arbeitsschutz finden Sie in unserem Artikel "Wer trägt die Verantwortung für den Arbeitsschutz?".

Die Mitwirkungspflicht der Mitarbeiter:innen basiert auf der Unterweisung durch den Arbeitgeber und deren Inhalte, wie die korrekte Verwendung von Arbeitsmitteln, Schutzvorrichtungen, sowie das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung.

Schutzausrüstung
Das Tragen der entsprechenden Schutzausrüstung wie dem Gehörschutz gehört zu der Mitwirkungspflicht der Arbeitnehmer:innen.

Werden diese Pflichten von den Mitarbeitenden nicht wahrgenommen, verstoßen sie gegen Arbeitsschutzvorschriften. Dies gilt auch für den Fall, dass Arbeitnehmer:innen im Unternehmen eine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit feststellen, ohne diese unverzüglich dem Arbeitgeber zu melden.

Trotz allem machen sich die Mitarbeiter:innen nur selten damit strafbar. Was es damit auf sich hat, erklären wir Ihnen im Abschnitt "Was passiert, wenn Arbeitnehmer:innen gegen den Arbeitsschutz verstoßen?".    


Was passiert, wenn das Unternehmen gegen den Arbeitsschutz verstößt?

Kommt ein Verstoß des Arbeitgebenden gegen den Arbeitsschutz ans Licht, stellt die zuständige Berufsgenossenschaft zunächst eine Frist, damit der Arbeitgeber die Versäumnisse nachholen kann.

Kommt die Geschäftsführung dennoch ihren Verpflichtungen nicht nach, muss der Betrieb eingestellt werden. Werden die Anordnungen wiederholt ignoriert, kann dem Arbeitgeber sogar die Befähigung abgesprochen werden, ein Geschäft zu führen.

Gemäß § 25 ArbSchG kann der Geschäftsführung je nach Schweregrad ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro drohen. Hat sich bereits ein Arbeitsunfall ereignet, bei dem Mitarbeiter:innen verletzt wurden, sind die Strafen demnach höher.

Im Falle von vorsätzlichen Verstößen gegen das Arbeitsschutzgesetz, die das Leben oder die Gesundheit von Beschäftigten gefährden, kann zu dem eine Freiheitsstrafe verhängt werden. Dasselbe geschieht, wenn sicherheitsgefährdendes Verhalten im Betrieb mehrfach wiederholt wird.

Person hinter Gittern
Bei vorsätzlicher Gefährdung der Mitarbeitenden erwarten Unternehmen hohe Geldbußen bis hin zu Freiheitsstrafen.

Welche Rechtsverordnungen den eigenen Betrieb betreffen, können Unternehmen anhand einer Gefährdungsbeurteilung herausfinden.

Wird eine Gefährdungsbeurteilung falsch dokumentiert, kann dies laut § 5 des Arbeitsschutzgesetzes Regressforderungen der Berufsgenossenschaft zur Folge haben. Der Bußgeldkatalog des Arbeitsschutzgesetzes sieht ebenso eine Geldstrafe von 5.000 € vor.

Tabelle Arbeitsunfälle

Tabelle: Arbeitsunfälle

Ifd. Nr. Tatbestand gemäß ArbStättV Regelsatz
I Gefährdungsbeurteilung nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig dokumentiert Verstoß gegen § 3 Absatz 3
(Ordnungswidrigkeit nach § 9 Absatz 1 Nummer 1)
5.000 €
II Arbeitsstätten gemäß § 2 Arbeitsstättenverordnung nicht in der vorgeschriebenen Weise eingerichtet / betrieben Verstoß gegen § 3a Absatz 1 Satz 1
(Ordnungswidrigkeit nach § 9 Absatz 1 Nummer 2)
II. 1 Verkehrswege mangelhaft / ungeeignet § 3a i. V. m. Anhang Nummer 1.8 5.000 €
II. 2 Schutzeinrichtung, Schutzmaßnahme fehlen / ungeeignet § 3a i. V. m. Anhang Nummer 2.1 5.000 €
II. 3 Schutzeinrichtung, Schutzmaßnahme unvollständig § 3a i. V. m. Anhang Nummer 2.1 4.000 €
II. 4 Gefahrenbereich ungesichert § 3a i. V. m. Anhang Nummer 2.1 3.000 €
II. 5 Gefahrenbereich nicht gekennzeichnet § 3a i. V. m. Anhang Nummer 2.1 3.000 €
II. 6 Mittel der Brandbekämpfung fehlen / ungeeignet § 3a i. V. m. Anhang Nummer 2.2 2.000 €
II. 7 Mittel der Brandbekämpfung unzureichend § 3a i. V. m. Anhang Nummer 2.2 1.000 €
II. 8 Fluchtwege und Notausgänge mangelhaft / ungeeignet § 3a i. V. m. Anhang Nummer 2.3 Absatz 1 Satz 1 5.000 €
II. 9 Sicherheitskennzeichnung von Fluchtwegen / Notausgängen fehlt / unzureichend § 3a i. V. m. Anhang Nummer 2.3 Absatz 1 Satz 2 4.000 €

Der Bußgeldkatalog dient zur Orientierung bei der Festlegung von Strafgeldern, wenn gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen wurde. Es handelt sich um Regelsätze, die im Einzelfall variieren können. Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik. Stand: März 2019.

Die Folgen eines Verstoßes gegen das Arbeitsschutzgesetz vonseiten des Unternehmens gelten ebenso bei Vernachlässigung der Kontrollpflichten oder der Übertragung der Aufgaben auf inkompetente Fachkräfte.

Was passiert, wenn Arbeitnehmer:innen gegen den Arbeitsschutz verstoßen?                

Auch Arbeitsnehmer:innen können gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen. Werden die vom Unternehmen in der betrieblichen Unterweisung vorgegebenen Schutzmaßnahmen von Mitarbeiter:innen mehrfach nicht eingehalten, kann dies eine Kündigung zur Folge haben.

Denn die Mitarbeitenden verletzen mit ihrem fahrlässigen Verhalten die arbeitsvertraglichen Vorschriften und gefährden damit nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Kollegenschaft und Dritte.

Es ist wichtig zu betonen, dass Schadensersatzansprüche bei Unfällen häufig auf das Unternehmen zurückfallen können, selbst wenn der Unfall auf das fahrlässige Verhalten eines Mitarbeitenden zurückzuführen ist.

Das bedeutet, dass es für Unternehmen auch ihn ihrem eigenen Interesse steht, klare Arbeitsanweisungen und Kontrollen zu implementieren, um sicherzustellen, dass die Mitarbeiter:innen die festgelegten Sicherheitsmaßnahmen verstehen und einhalten.

Die Dokumentation von Ermahnungen oder Abmahnungen dient als zusätzliche Absicherung für das Unternehmen im Falle von Rechtsstreitigkeiten.

Dokumentation von Ermahnungen bei der Arbeit
Informationen zur Einhaltung der Schutzmaßnahmen müssen stets dokumentiert werden, um rechtliche Sicherheit und Klarheit zu schaffen.

Die Motivation der Mitarbeiter:innen für den Arbeitsschutz ist ein kontinuierlicher Prozess. Es ist ratsam, dass der Arbeitgeber Anreize schafft, den Mitarbeitenden regelmäßige Schulungen anbietet und eine offene Kommunikation zu ihnen fördern, um ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Sicherheitsbestimmungen zu schaffen.

Diese Maßnahmen können dazu beitragen, dass Arbeitnehmer:innen proaktiv an der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften teilnehmen und somit das Arbeitsumfeld für alle Beteiligten sicherer gestalten.

Weitere Tipps, die Ihnen dabei helfen, Mitarbeiter:innen für den Arbeitsschutz zu motivieren, finden Sie in unserem Artikel "Wie motiviere ich Mitarbeitende für den Arbeitsschutz?".                            

Warum wird gegen Arbeitsschutzvorschriften verstoßen?

Oftmals werden Arbeitsschutzmaßnahmen aufgrund von Unwissen oder Unachtsamkeit missachtet. Einige Arbeitgeber sind jedoch der Meinung, dass sich die Investition in Arbeitsschutz nicht lohnt und verstoßen daher sogar vorsätzlich gegen die Vorschriften.

So verzichten sie beispielsweise auf eine Absicherung des Gefahrenbereiches, um so Material und Zeit zu sparen. Auf lange Sicht lohnt sich dieses Verhalten jedoch nicht.

Das wichtigste Kapital eines Unternehmens sind seine Mitarbeiter:innen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, in ihre Sicherheit und Gesundheit zu investieren. Auf diese Art und Weise wird die Beziehung zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitenden verbessert.

Zufriedene Mitarbeiter:innen verrichten ihre Arbeit auch deutlich produktiver, da sie sich voll und ganz auf ihre Tätigkeit konzentrieren können, ohne sich um ihre Gesundheit sorgen zu müssen. Ebenso kann der Arbeitgeber so vermeiden, sich selbst in Schwierigkeiten zu begeben.

Insgesamt ist die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften und die Investition in Sicherheitsmaßnahmen nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch eine strategische Entscheidung für langfristigen Unternehmenserfolg und Mitarbeiterzufriedenheit.

Dies trägt zur Schaffung einer positiven Arbeitskultur bei und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.

Arbeitgeber mit Mitarbeitenden
Mitarbeitende für den Arbeitsschutz zu motivieren ist eine wichtige Maßnahme, die nicht nur zu deren Sicherheit, sondern auch zum Unternehmenserfolg beiträgt.

Weitere Gründe, warum es wichtig ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitsschutz im Unternehmen verbessert, finden Sie in dem Artikel "Warum lohnt es sich in Arbeitsschutz zu investieren?".

Fazit: Das Einhalten der Maßnahmen schafft ein besseres Arbeitsumfeld für alle

Ob unbewusst oder vorsätzlich - häufig wird gegen das Arbeitsschutzgesetz verstoßen. Sowohl der Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer:innen können für diese Missstände verantwortlich sein.

Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften können schwerwiegende Konsequenzen haben, von Bußgeldern bis hin zu Betriebseinstellungen oder sogar Freiheitsstrafen bei vorsätzlichen Gefährdungen.

Die Pflichten des Arbeitgebers in Bezug auf den. betrieblichen Arbeitsschutz umfassen die Schaffung einer sicheren Arbeitsumgebung und die Einhaltung von Schutzmaßnahmen, während Arbeitnehmer:innen ebenfalls dazu verpflichtet sind, diese Maßnahmen zu respektieren und mitzuwirken.

Die Vernachlässigung von Arbeitsschutzmaßnahmen kann auf Unwissenheit, Nachlässigkeit oder manchmal sogar bewusste Kosteneinsparungen seitens der Unternehmen zurückzuführen sein.

Jedoch ist eine Investition in den Arbeitsschutz essentiell, um das wertvollste Kapital eines Unternehmens zu schützen - die Mitarbeiter:innen.

Eine verbesserte Arbeitsschutzkultur steigert nicht nur die Produktivität, sondern stärkt auch das Vertrauen und die Bindung zwischen der Geschäftsführung und Mitarbeitenden.

Es liegt im gemeinsamen Interesse, die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten, um sowohl das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu fördern als auch rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Der Arbeitgeber sollte den betrieblichen Arbeitsschutz priorisieren, um langfristig erfolgreich zu sein und die Arbeitsumgebung für alle Beteiligten sicherer und angenehmer zu gestalten.

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